Dienstag, 28. August 2012

Projekt Herausforderung

Ein Herzstück des Lernens an der esbz ist das Projekt Herauforderung. Dabei stellen sich alle Schüler der Mittelstufe (Klaase 8-10) eine dreiwöchige Aufgabe, die für sie persönlich eine echte Herausforderung darstellt. Etwas, für das sie sich anstrengen müssen, das sie an ihre Grenzen führt, womit sie auch scheitern können. Sie können sich dieser Aufgabe allein, zu zweit oder in Grüppen stellen. Jeder kann 150 Euro ausgeben, alle müssen Berlin verlassen. Wer keine feste Unterkunft hat, wird von Lehrern und Referendaren begleitet.
Die Beispiele sind vielfältig: Eine Schülerin schreibt einen 300seitigen Roman, eine Kleingruppe entwirft ein Modelabel, eine Band probt mit dem Musiklehrer eigene Lieder, eine Gruppe radelt an die Ostsee, um Dünen abzuplaggen, eine andere wandert durch Korsika, ernährt sich von Tütensuppen und Müsli mit Pulvermilch und kocht dann Brombeermarmelade auf dem Campingkocher. 
Alle dokumentieren und präsentieren ihre Ergebnisse auf einem Schulfest. Alle kommen "selbstbewusst, geerdet, gewachsen" zurück. Auch die Lehrer und Begleiter machen neue Erfahrungen, mit sich, mit den Schülern, mit ihren Fächern und Themen. Die Eltern lernen loszulassen, Vertrauen.
Wie einfach! 
Meine beiden Jüngsten verbringen diese Ferien großteils gemeinsam mit ihren 5 Cousins und Cousinen. 4 Jungen, 3 Mädchen zwischen 11 und 14, das 7-Zwerge-Camp. Es gibt kein Programm (der eine Tag Segeln, der gebucht war, endete mittags wegen zu starken Regens - der einzige Schlechtwettertag in diesem ganzen wunderbaren Sommer). Und so organisieren sie sich jeden Tag als Herausforderung: 200 mal rutschen im Freibad, Salto vom Ein-Meter-Brett, 3-gängiges Menü für alle kochen, servieren und die Küche wieder saubermachen, hier im Hotel um 7 Uhr morgens! freiwillig! den Fitnessraum aufsuchen, immer längere Wörter bei tot-töter-Geist, lange Sessions mit Großer Dalmuti und Wizard.
Manchmal spielen wir abends alle zusammen Werwolf, heute waren wir zusammen in einer Käserei, aber im wesentlichen machen sie ihr eigenes Ding - es ist fast schon umgekehrt so, dass wir Erwachsenen das Gefühl haben, wir würden doch auch gerne mal wieder was von den Kindern mitkriegen.
Ja, in den Ferien, klar, da funktioniert das überall, höre ich die Zweiflerin auch in mir. Und echte Aufgaben sind das doch auch nicht. Aber das stimmt nicht. Sie tun, was sie wollen, unter den gegebenen Umständen, in Absprache miteinander. Sie gestalten ihr Leben. Sie lernen voneinander, miteinander, in unterschiedlichen Gruppierungen - Joris hat in Neuseeland Kraulen gelernt und gibt Joni und Tinu Tipps, Julia und Lenja flechten Bändchen, alle Jungens lesen "Die Tribute von Panem", oft werden "Minecraft-Welten" geplant (Computer gibt es leider :-)) nicht...), überhaupt wird viel geredet und gelacht (und klar, es ist auch manchmal laut)
Ich bin ziemlich sicher,  dieser Sommer wird ihnen bleiben, vielleicht länger als mancher Reisesommer. Auf jeden Fall mehr Erinnerungen als aus dem ganzen Schuljahr...
Ich erinnere mich ja aus meiner eigenen Schulzeit - wie doch fast jeder! - an so gut wie keine Schulstunde mehr, von Mathe weiß ich nichts mehr außer, dass f von x schrecklich sinnlos erschien, von Bio noch der Zitronensäurezyklus und wie Herr O. den Muskel erklärt hat und dabei mit der anderen Hand ein bisschen nachgeholfen hat, damit das Profil im Tageslichtprojektorlicht ein bisschen besser aussah, und wie ich mit C. in Physik unendliche Partien Mastermind gespielt habe. Anekdoten eben!
Und die darin gespeicherten Erfahrungen? Unterricht ist langweilig, entweder ist der Stoff zu schwer, oder zu leicht (Französisch! Doppelstunden Grammatik im LK! Wie oft ist mir der Kopf fast auf den Tisch gefallen!) Gelernt habe ich viel über Menschen - vieles, was wir  im Unterricht so getrieben haben, waren im wesentlichen doch Experimente, wie Lehrer auf Provokation und Desinteresse, im selteneren Falle auf Engagement und Neugier reagieren. 

Nachtrag: Ich wollte meine These, dass Kinder in altersgemischten Gruppen ohne jede Hilfe ihren Alltag so gestalten, dass sie sich 1) Herausforderungen suchen und 2) von und miteinander lernen, durch eine Umfrage unter den 7 Zwergen stützen. Dieser Versuch ging gründlich daneben. Die Frage  "Was habt ihr so gelernt in den letzten Wochen?" löst nur Stöhnen aus. Das Wort "lernen" ist bei all diesen gut angepassten, notenmäßig erfolgreichen bis sehr erfolgreichen Schülern 100% negativ konnotiert. Schade, eigentlich...

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